Die letzte Visitenkarte mit dem einfachen, aber doch so anzustrebenden Titel ‚Aufsichtsratsmitglied’ eines angesehenen Unternehmens ist der Höhepunkt einer jeden beruflichen Karriere.

 

Der Wille, nicht der Titel zählt

So denken viele. Das vermeintliche Ansehen und die damit verbundene Ausstrahlung auf einen selbst verknüpft mit der Faszination der obersten Überwachung und Kontrolle eines Unternehmens. ‚Endlich hat man das letzte Wort’. ‚Die letzte Entscheidungsgewalt’. ‚Die Ehre ausgewählt zu sein‘, um ein Unternehmen in die Zukunft steuern zu dürfen, ohne selbst die lästige operative (Detail-) Arbeit des Kapitäns wahrnehmen zu müssen.

‚Wenn das es nicht wert ist anzustreben, was dann?‘ ‚Wenn nicht ich, wer dann?‘ ‚Wenn nicht jetzt, wann dann?‘ ‚Wenn nicht hier, in welchem Unternehmen denn dann?‘ fühlen viele und sehen in sich den idealen, potentiellen Kandidaten für eine Berufung in einen Beirat bzw. in einen Aufsichtsrat und ignorieren die Weisheiten des deutschen Sprichwortes: ‚Alter schützt vor Torheit nicht‘.

Warum wollen so viele erfahrene Top-Manager oft am Ende ihrer operativen Karriere ihr bisher gesammeltes Wissen und ihre Erfahrung gerne noch zeitweise Unternehmen und Organisationen zur Verfügung stellen? Haben sie keine anderen (Lebens-)Interessen? Die meisten glauben, dass sie etwas Besonderes sind und daher zusammen mit ihrem in Jahrzehnten aufgebautem Netzwerk weiterhin wertvolle Beiträge zum unternehmerischen Erfolg beisteuern müssen – egal in welchem Unternehmen. Sie wollen dies dann weniger als selbstständiger Berater und Mitglied eines (Senior-) Beratungsunternehmen praktizieren, sondern als Mitglied eines Aufsichtsgremiums (Beirat, Aufsichtsrat, Stiftungs- oder Verwaltungsrat). Aber das sollte wohl überlegt sein.

 

Keine Bewerbung sondern Berufung

Um einen Platz in einem Aufsichtsrat kann und sollte man sich nicht bewerben. In ein Aufsichtsgremium wird man nur bei ausreichender fachlicher und persönlicher Qualifikation berufen. Eine Berufung bedeutet aber nicht automatisch eine Bestätigung der entsprechenden Eignung. Eine persönliche Eignung hat man oder hat man nicht. Sie kann nicht herbeigeredet werden. Die Beurteilung zur Eignung trifft man auch nicht selbst sondern wird von „Fremden Dritten“ vorgenommen.

Losgelöst von der eigenen fachlichen Qualifikations- und persönlichen Kompetenzvoraussetzung ist aber am Anfang ‚die‘ zentrale Frage zu stellen: ‚Will ich wirklich Beirat oder Aufsichtsrat werden?‘

Bei der Beantwortung dieser zentralen Ausgangsfrage können die klassischen sechs Motivations-Fragen (warum und wo, wann und was, wie und wer) detailliert helfen und jedem ehrliche Antworten finden lassen, die auch abstimmbar mit seinen bisherigen Fähigkeiten, Erfahrungen und seinen Lebensumständen sind. Eine Reflexion der Antworten mit Lebenspartnern, Freunden und beruflichen Weggefährten zur Reduzierung evtl. Selbsttäuschungen ist hierbei empfehlenswert. Nur wer zu sich selbst ehrlich ist, findet den richtigen Weg und wird ihn zügig beschreiten können.

Bedenken Sie auch den Aspekt der eigenen Zufriedenheit! Warum sind Sie nicht zufrieden mit dem was Sie bisher erreicht haben? Brauchen Sie noch eine Verantwortung als Beirat oder Aufsichtsrat? Warum genießen Sie nicht Ihren Lebensabend zusammen mit Ihrem Lebenspartner und Ihrer Familie? Bereiten Ihnen Ihre Enkelinnen und Enkel nicht genug Freude und Spaß? Ist das herrliche Golfspielen in frischer Luft und freier Landschaft (ohne Beiräte und Aufsichtsräte) nicht dem Aufenthalt in Konferenzräumen vorzuziehen?

 

Wollen Sie wirklich Beirat oder Aufsichtsrat werden?

Beantworten Sie sich dann folgenden Kernfragen:

– Warum will ich Beirat oder Aufsichtsrat werden?

– Wo will ich Beirat oder Aufsichtsrat werden?

– Wann will ich Beirat oder Aufsichtsrat werden?

– Was habe ich als Beirat oder Aufsichtsrat Besonderes zu bieten?

– Wie will ich als zukünftiger Beirat oder Aufsichtsrat auftreten?

– Wer wird mich bei meinem Anliegen unterstützen?

Beantwortungshilfen für ehrliche Antworten finden Sie in den folgenden weiteren Beiträgen in den nächsten Monaten hier im Brainloop Blog.

 

Über den Autor

Rudolf X. Ruter ist Experte für Corporate Governance und Nachhaltigkeit, Buchautor und Mitglied in diversen Aufsichtsgremien. Er war Gesellschafter und Geschäftsführer bei Arthur Andersen und baute als Partner bei Ernst & Young den Geschäftsbereich Nachhaltigkeit in Deutschland auf. www.ruter.de


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