Endlich mehr Frauen als Männer namens Michael und Thomas: Laut einer Analyse der Allbright-Stiftung ist der Anteil weiblicher Vorstände in diesem Jahr auf 9,3 Prozent gestiegen. Es gebe in den Führungsetagen börsennotierter Unternehmen „erstmals mehr Frauen als Thomasse und Michaels“, verkündete die Stiftung Ende September.

Das ist sicher ein Fortschritt, aber Deutschlands Aufsichtsräte sind bereits wesentlich weiter. Dort liegt die Frauenquote inzwischen bei 31,8 Prozent und damit über der gesetzlichen Vorgabe von 30 Prozent, die Unternehmen seit 2016 anstreben müssen. Ebenfalls erfreulich: Jedes fünfte Unternehmen hat bereits ein ausgeglichenes Geschlechter-Verhältnis im Aufsichtsrat.

Aber wie viel Einfluss haben die Frauen wirklich? Immerhin besetzen sie immer öfter zentrale Positionen in den Gremien. So sitzen nach Berechnungen des Handelsblatts inzwischen 55 Kontrolleurinnen in den mächtigen Präsidial-, Nominal-, Personal- und Vermittlungsausschüssen. Das entspricht einem Anteil von fast 20 Prozent.

Da ist natürlich noch Luft nach oben, aber ich bin überzeugt, dass dieser Anteil deutlich steigen wird. Denn die fähigen Managerinnen, Beraterinnen, Unternehmerinnen und Wissenschaftlerinnen, die in den letzten Jahren in die Aufsichtsräte eingezogen sind, drängen nun nach und nach in Spitzenpositionen.

Was die Bundesregierung jetzt plant

Man darf die Quote, die von vielen Wirtschaftsliberalen kritisiert wurde, deshalb aus meiner Sicht schon jetzt als Erfolg werten. Der entscheidende Lackmus-Test steht aber noch aus: Gelingt es den neuen Aufsichtsrätinnen, mehr Frauen in die Vorstände zu holen? Schließlich sollte sich niemand damit zufriedengeben, dass die Thomasse und Michaels nun in der Minderheit sind.

Denn wenn man die Christians, Werners oder Martins dazuzählt, ist die männliche Dominanz in den Vorständen noch immer gewaltig. Und das ändert sich nur langsam: Laut Allbright-Stiftung ist der Frauenanteil zwischen September 2018 und September 2019 nur um 1,3 Prozent gestiegen. Wenn das so weitergeht, erreichen wir erst 2041 eine 40-prozentige Quote.

Die Politik macht deshalb nun Tempo: Bundesjustizministerin Christine Lambrecht und Familienministerin Franziska Giffey haben Ende November einen gemeinsamen Gesetzentwurf für eine Vorstands-Frauenquote angekündigt. Es sei ein Unding, dass zahlreiche Unternehmen eine Zielgröße von „null“ definiert hätten, hieß es.

Das Bundeskanzleramt hat bereits Sympathie durchblicken lassen. „Die Unzufriedenheit über die äußerst geringe Zahl weiblicher Vorstandsmitglieder eint uns alle in der Bundesregierung“, sagte Regierungssprecher Seibert.

Warum ich eine Quote für Vorstände ablehne

Ich bin auch unzufrieden, lehne das Vorhaben aber dennoch ab. Denn ich sehe die Gefahr, dass eine Quote Aufsichtsräte zu schnellen und übereilten Personalentscheidungen zwingt, die nicht im Interesse des Unternehmens sind.

Schließlich geht es bei Diversity um mehr als die Geschlechter: Es geht um unterschiedliche Kompetenzen, Altersgruppen, Nationalitäten, Denkmuster. Auch wenn Frauen den allermeisten Vorständen gut täten, kann ein männerlastiges Gremium in Sachen Diversity gut aufgestellt sein: Ein junger Digital-Experte aus Asien ist womöglich wichtiger als eine erfahrene deutsche Finanzchefin.

Hinzu kommt, dass Vorstände typischerweise kleiner sind als Aufsichtsräte, weshalb schon einzelne Neubesetzungen das Gremium tiefgreifend verändern können.

Anders als bei den Aufsichtsräten halte ich eine Vorstandsquote deshalb für einen unangemessenen Eingriff in die unternehmerische Freiheit. Wir sollten Unternehmen stattdessen die Möglichkeit lassen, individuelle Personal-Entscheidungen zu treffen.

Und ich bin zuversichtlich, dass diese Entscheidungen besser werden und immer öfter zugunsten von Managerinnen ausfallen. Denn Frauen in den Aufsichtsräten zwingen die Platzhirsche schon jetzt, bei der Kandidatensuche ausgetretene Pfade zu verlassen.

Wir brauchen also keine Quote, sondern gute und durchsetzungsstarke Aufsichtsrätinnen – und die haben die meisten Unternehmen schon.


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