Neue Software-Programme werden die Arbeitsweise und das Selbstverständnis von Aufsichtsräten fundamental verändern. Höchste Zeit, die Weichen dafür zu stellen.
Die KI-Revolution steht in den Startlöchern
Künstliche Intelligenz im Vorstand – das ist in einigen Unternehmen bereits Realität. So berichtete der Vorstandschef eines US-Konzerns vor einiger Zeit: An den wöchentlichen Board-Sitzungen nehme neuerdings eine Art Roboter teil, dem die versammelten Manager Fragen stellen könnten.
Was für viele noch zu futuristisch klingt, dürfte in den nächsten Jahren zum Standard avancieren. Denn KI-Entwickler in aller Welt machen derzeit rasante Fortschritte. So verfassen Softwareprogramme inzwischen Texte, die erstaunlich gut strukturiert und formuliert sind.
Das wohl bekannteste Beispiel ist die „OpenAI“-Software ChatGPT, die in kürzester Zeit das Netz durchforstet und Informationen aufbereitet. Wer dem Programm die richtigen Fragen stellt, erfährt binnen Sekunden, wofür früher langwierige Recherchen nötig waren.
Das untermauert eindrucksvoll: Die KI-Revolution wird zahlreiche Branchen und Berufe tiefgreifend verändern. Es kommt deshalb immer stärker darauf an, KI gezielt einzusetzen – und sich darüber hinaus auf das zu konzentrieren, was Menschen besser können als Technik.
Mehr Weiterbildungen – und echte KI-Profis
Das betrifft auch und gerade Aufsichtsräte, die nun auf mindestens drei Ebenen gefordert sind: Es gilt, das Kompetenzprofil und die Arbeitsweise ihres Gremiums sowie das eigene Selbstverständnis zu hinterfragen.
Kommen wir zunächst zu den Kompetenzen: Die rasante technische Entwicklung macht es zu einer riesigen Herausforderung, stets auf der Höhe der Zeit zu sein. So ist manche Annahme, die als Gewissheit galt, inzwischen veraltet. Dazu gehört jene, dass Künstliche Intelligenz vor allem Routineaufgaben übernehmen wird und nicht zu kreativen Leistungen imstande ist.
Regelmäßige Weiterbildungen für Aufsichtsratsmitglieder gewinnen deshalb genauso an Bedeutung wie professionelle KI-Experten, die dicht am Puls der Zeit sind. Chefkontrolleure sind deshalb gut beraten, kritisch zu analysieren, wie gut ihr Gremium in dieser Hinsicht aufgestellt ist.
KI schaut nach hinten, der Aufsichtsrat nach vorne
Zudem sollten sie sich fragen, ob Software-Anwendungen die Arbeitsweise verbessern und die Effizienz ihres Gremiums erhöhen können. Insbesondere das Sammeln und Aufbereiten von Informationen lässt sich deutlich beschleunigen – gerade im Zusammenspiel mit sicheren & innovativen Portalen für die Gremienkommunikation.
Diese Zeitersparnis können und sollten Aufsichtsräte für Aufgaben nutzen, die jetzt besonders wichtig sind – und die sie besser beherrschen als die Technologie. Da wäre zunächst der Blick nach vorne: KI ist gut darin, die Vergangenheit zu analysieren, indem sie bestehende Informationen im Internet findet und verdichtet.
Aber was bedeutet das für die Zukunft? Welche nicht-linearen Entwicklungen sind wahrscheinlich – und wie befeuern sich unterschiedliche Trends? Diese Fragen können diverse Teams menschlicher Experten vermutlich auf absehbare Zeit besser beantworten. Diskussionen darüber gehören deshalb ganz oben auf die Agenda von Überwachungsgremien.
Aufsichtsrat der Zukunft: Neugierig, diskussionsfreudig & wertegetrieben
Für die neue technologische Ära braucht es also Aufsichtsräte, die neugierig und diskussionsfreudig sind. Zudem ist mehr denn je ein ethisches Fundament gefragt. Denn auch wenn man beim Programmieren versuchten kann, Werte in Entscheidungsparameter zu übersetzen: Originär ethische Entscheidungen zu fällen, bleibt Menschen vorbehalten.
Angesichts der KI-Revolution ist es deshalb noch wichtiger, dass sich Aufsichtsräte nicht als oberste Wirtschaftsprüfer begreifen. Gefragt sind Hüter der Unternehmenskultur, die sorgfältig abwägen, ob Entscheidungen im Einklang mit den Werten des Unternehmens stehen – und damit im Einklang mit den Erwartungen von Mitarbeitern, Kunden und Eigentümern. Diskussionsstoff gibt es hier gerade genug.
Geschrieben von Daniel Schönwitz